Entwicklung des Web 2.0 – in der Wikipedia
[Wie das Leben so spielt: Anfang vergangener Woche gab mein drei Jahre altes Notebook den Geist auf, weswegen ich die vergangenen Tage vor allem damit zubrachte, einen neuen Rechner für meine Arbeitsbedürfnisse anzupassen und die alten Daten zu sichern bzw. zu übertragen. So langsam läuft alles wieder, und ich kann mich anderen Dingen zuwenden.]
In einem der ersten Kapitel des Buches werde ich mich mit dem Begriff „Web 2.0“ und verschiedenen alternativen und/oder komplementären Konzepten wie „Social Software“, „Social Web“ oder „Social Media“ auseinandersetzen. Der Schlüsseltext für Web 2.0 ist ohne Zweifel Tim O’Reillys Essay „What is Web 2.0“ von 2005, der verschiedene Prinzipien und Merkmale des neuen Netzes beschreibt und von älteren Charakteristika und Anwendungen abgrenzt. Beim Zusammentragen von verschiedenen anderen Texten und Definitionen habe ich mir auch mal den deutschsprachigen Wikipedia-Artikel angesehen, insbesondere um zu schauen, wann und wie der erste Entwurf aussah. Hier ein screenshot des allerersten „Stub“, der am 12.10.2005 (etwa zwei Wochen nach Veröffentlichung des O’Reilly-Essays) angelegt wurde; mit einer gewissen Wahrheit heißt es da: „Web 2.0 soll die Zukunft des World Wide Web sein.“
Nur eine halbe Stunde später war der Artikel von einem anderen Nutzer als überarbeitungsbedürftig markiert worden.
Fast drei Jahre und über 1.000 Änderungen später sieht der Artikel so aus:
Ein Netzwerk linearisieren…
Die größte Schwierigkeit beim Schreiben eines Buches ist meines Erachtens, das Geflecht von miteinander verbundenen Gedanken, Texten und Erkenntnissen, die im Kopf und auf Papier existieren, in eine lineare Abfolge zu bringen. In welcher Reihenfolge behandelt man seine Themen, und welche Argumentationsschritte hat der eigene rote Faden, der sich durch das Buch ziehen wird? Wo bringt man Studien, Aufsätze, Argumente unter, die unterschiedliche Kapitel der vorgesehenen Gliederung berühren? Wann sind tatsächlich Querverweise auf vorherige oder nachfolgende Abschnitte sinnvoll, wo wiederholt man sich besser einfach nochmal, um bestimmten Gedanken gerecht zu werden?
Beim Weblog-Buch habe ich gemerkt, dass es für mich eine hilfreiche und praktische „Vorübung“ ist, mein Material erstmal physisch in Stapel zu sortieren, und diese eher größeren Stapel (die z.B. den Grundstock für ein Kapitel oder Unterkapitel sein können) dann beim tatsächlichen Schreiben nochmal durchzugehen, umzuordnen, der Reihe nach abzuarbeiten. Für das erste Gerüst eines längeren Textes reicht dies meist, und in den weiteren Überarbeitungsschritten kann ich dann polieren, Lücken füllen, und andere Feinarbeit machen.
Tja, und dementsprechend sieht es zur Zeit bei mir aus; hier eine Momentaufnahme von vor einigen Tagen, im noch einigermaßen unsortierten Zustand…
… und hier das gleiche Bild von heute Abend, mit deutlich mehr Stapeln. Der rechts unten in der Ecke muss noch einsortiert werden – das sind größtenteils Arbeiten zu Social Network Sites bzw. Netzwerkplattformen. Und es fehlen noch die zahlreichen Bücher, die im Regal neben mir stehen…
Zum Buch, und zum Blog zum Buch
Wie es sich für ein Blog gehört, als Einstieg eine kleine persönliche Geschichte.
Schon seit längerer Zeit war mir klar, dass es an der Zeit ist, ein neues Buch in Angriff zu nehmen. Das Weblog-Buch hatte ich Anfang 2006 fertiggestellt; zu der Zeit hatte ich schon mit der Arbeit im DFG-Projekt „Praktiken des onlinegestützten Netzwerkens“ begonnen, in dem ich mich mit Blogs und Netzwerkplattformen beschäftigte. Ich hatte dadurch die Gelegenheit, die rasante Entwicklung rund um Social Software/Web 2.0/Social Web/[insert your chiffre here] zu verfolgen, in einer interessanten Doppelrolle als teilnehmender wissenschaftlicher Beobachter. Dabei sammelte sich langsam, aber sicher seeehr viel Material an – eigene empirische Forschung, vor allem aber einschlägige Literatur -, das ich in Vorträgen und Aufsätzen zwar verarbeiten konnte, das aber auch geradezu danach schrie, in einem zusammenhängenden längeren Text diskutiert zu werden. Anfänglich dachte ich noch an eine Aktualisierung bzw. Neuauflage des Weblog-Buchs, doch bald wurde mir klar, dass der Rahmen dieses Textes mir wohl nicht ausreichen würde; ausserdem fällt es mir unglaublich schwer, einen einmal fertiggestellten bzw. „polierten“ Text wieder auseinander zu nehmen und umzubauen.
Der Wechsel von Bamberg nach Hamburg ans Hans-Bredow-Institut Ende 2007 verschaffte mir einerseits eine ganze Reihe von neuen Aufgaben und Projekten, andererseits aber auch ein Arbeitsumfeld, in dem ich ein neues Buchprojekt in Angriff nehmen kann. Nachdem ich im Frühjahr und Sommer immer mal wieder in meinem Kopf (und in einem Tiddly-Wiki auf meinem Desktop) Notizen und Gliederungsideen hin und her schob, war es im August endlich soweit: Ich fragte Rüdiger Steiner, den zuständigen Lektor beim UVK-Verlag an, ob Interesse an einer erneuten Zusammenarbeit bestünde. Just in Time könnte man sagen, denn dort war man gerade an der Zusammenstellung des Frühjahrsprogramms beschäftigt. Ich stellte ein Expose und den Entwurf einer Gliederung zusammen, der in der Programmkonferenz diskutiert und positiv aufgenommen wurde. Mit der Unterzeichnung eines Verlagsvertrags wurde also offiziell, dass ich in den kommenden Monaten daran arbeiten werde, dass im Frühjahr 2009 ein Buch namens „Das neue Netz“ erscheinen kann.
Interessanterweise ist eine der ersten Amtshandlungen für den Autoren eines noch zu schreibenden Buches, eine Kurzzusammenfassung zu verfassen, die in den Ankündigungen des Verlags benutzt wird. Hier also in aller Kürze, worum es in dem Buch gehen wird (eine etwas ausführlichere Fassung, die aus dem oben erwähnten Expose stammt, findet sich hier):
Das Schlagwort „Web 2.0“ fasst unterschiedliche Anwendungen, Praktiken und Prinzipien der internetbasierten Kommunikation zusammen. Gemeinsam ist ihnen, dass technische Hürden sinken, um Texte, Fotos oder Videos, aber auch persönliche Informationen im Internet zu publizieren und soziale Beziehungen zu anderen Personen zu pflegen oder neu zu knüpfen. Optimistische Stimmen betonen die Potentiale für Wirtschaft, Politik und Gesellschaft, während Skeptiker vor einer Fragmentierung von Öffentlichkeiten und der Preisgabe der Privatsphäre warnen. Das Buch diskutiert den aktuellen Stand der Forschung zu onlinebasiertem Identitäts-, Beziehungs- und Informationsmanagement mit Hilfe eines praxistheoretischen Analyserahmens, um das tatsächlich Neue am „neuen Netz“ identifizieren zu helfen.
Nun ist das Schreiben eines Buches ja schon eine zeitaufwändige Angelegenheit, warum dann noch ein Weblog, das möglicherweise wertvolle Zeit in Anspruch nimmt? Darauf gibt es mehrere Antworten.
Die erste Antwort ist, dass ich in den vergangenen Jahren am eigenen Leib erfahren konnte, wie das neue Netz im Allgemeinen und Weblogs im Speziellen auch die Arbeit eines Wissenschaftlers verändern. Das „Bamblog“ und, seit Herbst 2007, „Schmidt mit Dete“ boten und bieten mir Möglichkeiten, meine eigenen Gedanken und Ideen mit interessierten Personen zu teilen. Meine Arbeit (und immer mal wieder auch meine Freizeit) ist dadurch ungemein bereichert worden, dass ich meine eigene persönliche Öffentlichkeit besaß. Für ein Buch, das sich unter anderem mit genau diesem Phänomen beschäftigt, ist es also eigentlich ein zwangsläufiger Schritt, in Weblog-Form auch im neuen Netz repräsentiert zu sein.
Die zweite Antwort ist, dass ich im Moment noch gar nicht genau weiß, wohin sich dieses buchbegleitende Blog entwickeln wird. Möglicherweise stelle ich hier einzelne Sachverhalte oder Argumente zur Diskussion, möglicherweise nutze ich es während des Schreibprozesses, um über das Schreiben an sich zu reflektieren (und zu fluchen), möglicherweise nutze ich es aber auch erst nach der Veröffentlichung des Buches, um die Rezeption zu begleiten. Ein wenig wird es sicher auch von der Resonanz abhängen, die ich in den kommenden Wochen hier bekomme: Welche Aspekte von Thema und Schreiben des Buches interessieren SIE denn besonders?